Umsetzung der Verordnung (EU) 2016/1191 (EU-Apostillenverordnung)

Typ: Rundschreiben , Schwerpunktthema: Personenstandsrecht , Datum: 24.01.2019

Verfahrenshinweise

RdSchr. d. BMI v. 24.1.2019 - V II 1 - 20103/77#9 -
per E-Mail an Innenministerien/Senatsverwaltungen für Inneres der Länder

Das beigefügte Informationsschreiben des Bundesamtes für Justiz vom 11. Januar 2019 über die Wirkungen der am 16. Februar 2019 als unmittelbar geltendes Recht in Deutschland in Kraft tretenden Verordnung (EU) 2016/1191 (EU-Apostillenverordnung) und deren Anwendung übersende ich mit der Bitte um Kenntnisnahme. Ergänzend zu den Informationen des Bundesamtes für Justiz weise ich für die Ausführung der Verordnung in der Innenverwaltung auf Folgendes hin:

1. Regelungsumfang

Gegenstand der Verordnung (EU) 2016/1191 (EU-Apostillenverordnung) ist zum einen die Befreiung von der Legalisation oder einer ähnlichen Förmlichkeit (Artikel 1 Absatz 1 Buchst. a der Verordnung), insbesondere auch der Verzicht auf eine Apostillierung von Urkunden aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Artikel 3 Nummer 4 der Verordnung), soweit diese für die in Artikel 2 Absatz 1 und 2 genannten Sachverhalte ausgestellt werden.

Zum anderen sieht die Verordnung gem. Artikel 1 Absatz 1 Buchst. b die Vereinfachung sonstiger Förmlichkeiten nebst der Einführung mehrsprachiger Formulare (Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung) vor. Hierbei geht es ausschließlich um Vereinfachungen bei der Übersetzung öffentlicher Urkunden. Übersetzungen dürfen u. a. regelmäßig dann nicht verlangt werden, wenn einer in der Verordnung hierfür "zugelassenen" öffentlichen Urkunde ein mehrsprachiges Formular als Übersetzungshilfe beigefügt ist (Artikel 6 Absatz 1 Buchst. b, Artikel 7 - 12 der Verordnung). Die öffentlichen Urkunden, denen auf Wunsch eine Übersetzungshilfe beigefügt werden kann, sind in dem beigefügten Informationsschreiben des Bundesamtes für Justiz unter Nummer 3 aufgeführt.

Die beiden Regelungsbereiche sind getrennt voneinander zu sehen. Eine in den Anwendungsbereich von Artikel 2 der Verordnung fallende öffentliche Urkunde ist grundsätzlich von der Legalisation/Apostille befreit. Dies gilt auch, wenn keine Übersetzungshilfe beigefügt ist. Umgekehrt ist eine Behörde nicht gehindert, eine nationale Urkunde zur Vorlage in einem anderen EU-Mitgliedstaat auch ohne Übersetzungshilfe auszustellen, wenn eine solche nicht beantragt wird, oder bei berechtigten Zweifeln an der Echtheit einer ausländischen Urkunde trotz beigefügter Übersetzungshilfe eine Überprüfung über das Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) anzustrengen.

Die EU-Apostillenverordnung hindert im Übrigen nicht daran, auch für die von der Verordnung erfassten Sachverhalte auf Antrag Urkunden zu legalisieren, zu apostillieren oder Personenstandsurkunden auf der Grundlage der einschlägigen Übereinkommen der Internationalen Kommission für das Zivilstandswesen (CIEC) auszustellen.

2. Zentralbehörde

Die Aufgaben der Zentralbehörde nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung sollen in Deutschland dem Bundesamt für Justiz übertragen werden (§ 1118 ZPO-E gem. Artikel 1 Nummer 2 des Entwurfs eines Gesetz zur Förderung der Freizügigkeit von EU-Bürgerinnen und -Bürgern sowie zur Neuregelung verschiedener Aspekte des Internationalen Adoptionsrechts - Bundesratsdrucksache 383/18). Als zentrale Behörde wird das Bundesamt künftig insbesondere für die Beantwortung von aus anderen Mitgliedsstaaten eingehenden Anfragen zur Echtheit von Urkunden über die Online Plattform IMI zuständig sein. Soweit bei der Überprüfung der Echtheit einer öffentlichen Urkunde eine Nachfrage bei der ausstellenden deutschen Behörde erforderlich ist, kann sich das Bundesamt unter Nutzung des IMI unmittelbar an diese Behörde wenden. Diese Behörden sind im Rahmen ihrer Zuständigkeit neben dem Bundesamt auch zuständig für die Beantwortung von Auskunftsersuchen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

3. Mehrsprachige Formulare

Für die Erstellung eines mehrsprachigen Formulars ist es erforderlich, dass der Antragsteller das Land benennt, in dem die Urkunde vorgelegt werden soll. Die Übersetzung der länderspezifischen Feldüberschriften des in deutscher Sprache auszufüllenden Formulars wird editierbar oder dynamisch über das E-Justizportal (https://e-justice.europa.eu/content_public_documents-551-de.do) vorgenommen. Dies erfolgt ab dem 16. Februar 2019 durch editierbare PDF-Formulare , die die Urkundenleittexte sowohl in deutscher als auch in der Sprache des Ziellandes ausgeben. Sukzessive werden auch dynamische Online-Formulare im E-Justizportal zur Verfügung stehen, die in Ansicht und Druck nur die Felder anzeigen, die auch befüllt wurden. Aufgrund der dynamischen Funktionalität werden die mehrsprachigen Formulare zunächst nicht in den Fachverfahren des Personenstands- und Meldewesens zur Verfügung stehen.

Soweit für bestimmte Urkunden gem. Artikel 7 der Verordnung mehrsprachige Formulare als Übersetzungshilfen ausgestellt werden können, gilt dies nicht für die Ausstellung einer Bescheinigung zur Begründung einer Lebenspartnerschaft im Ausland. Durch Artikel 4 Nummer 10 des Gesetzes zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) ist § 39a des Personenstandsgesetzes (PStG) aufgehoben worden. Wird eine Bescheinigung zur Begründung einer Lebenspartnerschaft im Ausland benötigt, kann gemäß § 39 Absatz 4 PStG hierfür ein Ehefähigkeitszeugnis ausgestellt werden. Wenn hierfür die Beifügung eines mehrsprachigen Formulars als Übersetzungshilfe gewünscht wird, ist dementsprechend das mehrsprachige Formular gemäß Anhang V - Ehefähigkeit - der Verordnung auszustellen; die Übersetzungshilfe nach Anhang VIII - Fähigkeit zur Schließung einer eingetragenen Partnerschaft - ist nicht zu verwenden.

4. Gebührenerhebung

Die in dem beigefügten Schreiben des Bundesamtes für Justiz enthaltenen Aussagen zur Gebührenhöhe für das Ausstellen mehrsprachiger Übersetzungshilfen beziehen sich auf die Ausstellung von Urkunden im Justizbereich und sind für Behörden der inneren Verwaltung nicht einschlägig (§ 1 JVKostG). Die Gebühr für die Ausstellung einer Apostille durch Behörden der inneren Verwaltung der Länder beurteilt sich ebenfalls nach Landesrecht. Nach Artikel 11 der Verordnung darf die Gebühr für die Erlangung eines mehrsprachigen Formulars die Herstellungskosten des mehrsprachigen Formulars oder der öffentlichen Urkunde, der es beigefügt ist, je nachdem welche niedriger ist, nicht übersteigen. Die Gebühr für die Ausstellung der Übersetzungshilfe orientiert sich für Urkunden der Standesämter und der Meldebehörden insoweit an dem Gebührensatz, der nach den landesrechtlichen Gebührenordnungen für die Erteilung der entsprechenden Urkunde zu erheben wäre. Ich rege hierzu an, einen entsprechenden Gebührentatbestand in den einschlägigen Gebührenordnungen der Länder vorzusehen.

Ich wäre dankbar, wenn diese Informationen und das Informationsschreiben des Bundesamtes für Justiz (wird in Kürze publiziert) von den in Ihrem Haus für das Personenstands-, Melde- und Staatsangehörigkeitswesen zuständigen Stellen an die Standesämter, Meldebehörden und Staatsangehörigkeitsbehörden weitergeleitet und auch die für Wahlen zuständigen Stellen informiert werden würden.

Im Auftrag

Referat V II 1