Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Griechenland über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und Handels-Rechts
Übereinkommen
Das Deutsche Reich und das Königreich Griechenland von dem Wunsche geleitet, in Zivil- und Handelsangelegenheiten den Rechtsschutz der Angehörigen des Deutschen Reichs in Griechenland und der Angehörigen des Königreichs Griechenland in Deutschland sowie die Verpflichtung der Gerichtsbehörden beider Länder zu gegenseitiger Rechtshilfe zu regeln, sind übereingekommen, zu diesem Zweck einen Vertrag abzuschließen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Der Deutsche Reichskanzler: Herrn Viktor Prinz zu Erbach-Schönberg, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Seine Majestät der König der Hellenen: Seine Exzellenz Herrn Andreas Delmouzos, Generaldirektor im Ministerium des Äußern, außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister. Die Bevollmächtigten haben sich, nachdem sie einander ihre Vollmachten mitgeteilt und diese in guter und gehöriger Form befunden haben, über folgende Bestimmungen geeinigt:
I. Mitteilung gerichtlicher und außergerichtlicher Urkunden
Artikel 1
- in Zivil- und Handelssachen erfolgt die Zustellung von Schriftstücken, die für eine im Gebiet des anderen Staates befindliche Person bestimmt sind, auf einen Antrag, der von dem Konsul des ersuchenden Staates im Deutschen Reich dem Präsidenten des Landgerichts, in Griechenland dem Staatsanwalt bei dem Gerichtshof erster Instanz übermittelt wird, in dessen Bezirk die Zustellung erfolgen soll. Der Antrag hat die Behörde, von der er ausgeht, den Namen und die Stellung der Parteien, die Anschrift des Empfängers und die Art des zuzustellenden Schriftstücks zu bezeichnen. Der Antrag ist in der amtlichen Sprache des ersuchenden Staates abzufassen. Eine Übersetzung des Antrags in die Sprache des ersuchten Staates ist beizufügen; dabei sind die von den beiden Regierungen einander mitzuteilenden doppelsprachigen Vordrucke zu benutzen.
- Die Urkunde, durch die die Zustellung nachgewiesen wird, ist den Konsul zu übersenden; gegebenenfalls ist ihm der die Zustellung hindernde Umstand mitzuteilen.
Artikel 2
Für die Zustellung hat die zuständige Behörde des ersuchten Staates Sorge zu tragen. Diese Behörde kann sich, abgesehen von den im Artikel 3 vorgesehenen Fällen, darauf beschränken, die Zustellung durch Übergabe des Schriftstückes an den Empfänger zu bewirken, sofern er zur Annahme bereit ist.
Artikel 3
- Ist das zuzustellende Schriftstück in der Sprache des ersuchten Staates abgefasst oder ist es von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet, so lässt die ersuchte Behörde, falls in dem Antrag ein dahingehender Wunsch ausgesprochen ist, das Schriftstück in der durch ihre innere Gesetzgebung für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschriebenen Form oder in einer besonderen Form, sofern diese ihrer Gesetzgebung nicht zuwiderläuft, zustellen. Ist ein solcher Wunsch nicht ausgesprochen, so wird die ersuchte Behörde zunächst die Übergabe nach den Vorschriften des Artikels 2 zu bewirken suchen.
- Die im vorstehenden Absatz vorgesehene Übersetzung ist von dem diplomatischen oder konsularischen Vertreter oder einem beeidigten Dolmetscher des ersuchenden oder ersuchten Staates zu beglaubigen.
Artikel 4
Die Ausführung der in den Artikeln 1, 2, 3 vorgesehenen Zustellung kann nur abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden.
Artikel 5
- Der Nachweis der Zustellung erfolgt entweder durch ein mit Datum versehenes und beglaubigtes Empfangsbekenntnis des Empfängers oder durch ein Zeugnis der Behörde des ersuchten Staates, aus den sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergeben.
- Ist das zuzustellende Schriftstück in zwei gleichen Stücken übermittelt worden, so ist das Empfangsbekenntnis oder das Zeugnis auf eins der beiden Stücke zu setzen oder damit zu verbinden.
Artikel 6
Jeder der beiden Staaten hat die Befugnis, Zustellungen an eigene Staatsangehörige, die sich im Gebiete des anderen Staates befinden, durch seine diplomatischen und konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang bewirken zu lassen.
II. Rechtshilfeersuchen
Artikel 7 bis 14 - hier nicht aufgenommen -
III. Sicherheitsleistung für die Prozesskosten
Artikel 15 bis 17 - hier nicht aufgenommen -
IV. Armenrecht
Artikel 18 bis 22 – hier nicht aufgenommen –
V. Personalhaft
Artikel 23
In Zivil- und Handelssachen darf die Personalhaft sowohl als Mittel der Zwangsvollstreckung wie auch lediglich als Sicherungsmaßregel gegen einen Angehörigen des anderen Staates nur in den Fällen angewendet werden, in denen sie auch gegen Landesangehörige anwendbar sein würde. Eine Tatsache, auf Grund deren ein im Inlande wohnhafter Inländer die Aufhebung der Personalhaft beantragen kann, soll zugunsten des Angehörigen des anderen Staates die gleiche Wirkung auch dann haben, wenn sich diese Tatsache im Ausland ereignet hat.
VI. Beglaubigung (Legalisation) von Urkunden
Artikel 24
- Urkunden, die von einem deutschen Landgericht oder einem griechischen Gerichtshof erster Instanz oder einem deutschen oder griechischen Gericht höherer Ordnung, von einer deutschen oder griechischen obersten Verwaltungsbehörde oder von einem deutschen oder griechischen obersten Verwaltungsgericht aufgenommen, ausgestellt oder beglaubigt und mit dem Siegel oder Stempel der Behörde versehen sind, bedürfen zum Gebrauch im Gebiete des anderen Staates keiner Beglaubigung oder Legalisation.
- Für Urkunden, die von einem der in Abs. 1 nicht erwähnten deutschen oder griechischen Gerichte, einem Gerichtsvollzieher oder einem Grundbuchamt oder einer Hinterlegungsstelle oder einem deutschen oder griechischen Notar aufgenommen, ausgestellt oder beglaubigt sind, genügt zum Gebrauch im Gebiet des anderen Staates die Beglaubigung (Legalisation) durch den zuständigen Landgerichtspräsidenten im Deutschen Reich und durch den Präsidenten des Gerichtshofs erster Instanz in Griechenland unter Beifügung des Amtssiegels oder Amtsstempels. Das gleiche gilt für die von einem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (Gerichtsschreiber) eines deutschen oder griechischen Gerichts aufgenommenen, ausgestellten oder beglaubigten Urkunden. Gehört der Gerichtsschreiber einem Gericht höherer Ordnung an, so erfolgt die Beglaubigung durch den Präsidenten dieses Gerichts.
VII. Gebühren und Auslagen
Artikel 25
- Für die Zustellung von Schriftstücken und die Erledigung von Rechtshilfeersuchen kann weder eine Gebühr noch die Erstattung irgendwelcher Auslagen verlangt werden. Dies gilt jedoch nicht für die nach den Gesetzen des ersuchten Staates an Zeugen oder Sachverständige gezahlten Entschädigungen sowie für Kosten, die durch das ausdrückliche Ersuchen, in einer besonderen Form zu verfahren, verursacht sind. Diese Kosten sind unverzüglich durch den ersuchenden Staat zu erstatten ohne Rücksicht darauf, ob er sie von den beteiligten Parteien zurückerhält oder nicht.
- Die Erledigung eines Zustellungsantrags oder eines Rechtshilfeersuchens darf nicht deshalb verweigert werden, weil die ersuchende Behörde keinen Vorschuß zur Deckung der Auslagen hinterlegt hat, die nach den Bestimmungen des vorstehende Absatzes zu erstatten sind.
- Portokosten trägt die absendende Behörde.
VIII. Schlußbestimmungen
Artikel 26
Schwierigkeiten, die etwa bei der Ausführung des Abkommens entstehen, werden im diplomatischen Wege geregelt.
Artikel 27
Die Deutsche und die Griechische Regierung werden sich die örtliche Gliederung ihrer Gerichte und die obersten Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte sowie deren Änderungen mitteilen.
Artikel 28
Dieses Abkommen soll auch für den Fall in Wirksamkeit bleiben, dass Griechenland dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 beitritt.
Artikel 29
- Dieses Abkommen ist in deutscher und griechischer Sprache abgefaßt. Beide Fassungen sind maßgebend.
- Das Abkommen soll ratifiziert werden. Der Austausch der Ratifikationsurkunden soll so bald als möglich in Berlin erfolgen.
- Das Abkommen tritt zwei Monate nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft und gilt für die Dauer von fünf Jahren.
- Wird das Abkommen von keinem der beiden Vertragsteile ein Jahr vor Ablauf des fünfjährigen Zeitraumes gekündigt, so bleibt es in Geltung bis zum Ablauf eines Jahres von dem Tage an, an dem es von einem der beiden Staaten gekündigt wird.
Geschehen zu Athen in doppelter Urschrift, in deutscher und in griechischer Sprache, am 11. Mai 1938.
Hinweis:
Das Abkommen ist am 17. Juli 1939 in Kraft getreten und mit Wirkung vom 1. Februar 1952 (BGBl. 1952 II S. 634) wieder in Kraft getreten.